Samstag, 29. Mai 2010

Harte Grenzen - traurige Enttäuschung


Joy und ich sind zurück in Schlans. Jessy, mein kleines, tapferes Pony kämpft um ihr Leben im Tierspital in Zürich. - Aber alles der Reihe nach…

Am Samstag fand eine spontane, fröhliche Grillparty bei Mandy statt. Mandy hat einen dicken ausgehöhlten Baumstamm als Grill, und das gibt nicht nur der Stimmung, sondern auch den gegrillten Leckerbissen einen ganz besonderen Geschmack. Es war ein schöner Abend.


Am nächsten Morgen, Pfingstsonntag, nahmen wir den weiteren Weg unter die Füsse. Zwar wurde ich darauf aufmerksam gemacht, dass das Reiten im Bregenzer-Wald schwierig sei, aber der Gedanke, Bregenz oder Dornbirn zu durchqueren, um an die deutsche Grenze zu kommen, schreckte mich ab. Ein Wald kann ja nicht so schwierig sein… nur, ich dachte an Schweizer- und nicht an Vorarlberger-Wälder.

Mandy brachte mir noch zwei Flaschen zum Trinken und zwei Sandwiches zum Abschied. Zuerst ging es dem Lustenauer Binnenkanal entlang. Wunderschön, diese Landschaften. Wilde Lilienfelder, schöne, seltene Wasservögel, die grosse Ruhe. Ich genoss den Morgen.Es war beinahe so schön wie vor zwei Tagen, als ich dem Altenrhein entlang ritt. So muss es vor 200 Jahren ausgesehen haben. Irgendwie vertraut, kleine Wasserarme mit Inselchen und unzähligen Tieren. Eine Gegend für verliebte und naturliebende Menschen.

Nach ca 2 h kamen wir zur erwarteten Wasserkreuzung. Wir folgten einem kleineren Kanal, Richtung Bregenzer Wald. Es war heiss und schwül und wir hatten alle Durst. Wie sind wir doch verwöhnt hier in unseren Bergen. Überall gibt es kleine Quellen und Bäche für Tiere und ihre Begleiter.

Bei Wolfurt, nach Überwinden von einigen Hindernissen, erblickte Joy eine Silopressmaschine. In seinem Schrecken vergass er mich vollkommen und gehorchte nur noch seinem Fluchtinstinkt. In diesem Moment existiert für ihn kein Hindernis. Alles wird mit Kraft erzwungen.Zum Glück kam mir der Fahrer des Fahrzeugs zu Hilfe. Joy war ausser sich, Lobo tanzte wild kläffend um uns, etwas weiter war ein Pfingstmusikfest, Autos und Töfflifahrer sausten knapp an uns vorbei. Ich war in Schweiss gebadet und den Tränen nah. Nur Jessy blieb ruhig, dafür wurde ich noch von vorübergehenden Passanten beschimpft.

Ich habe so richtig meine Grenzen erlebt! - Etwas oberhalb des Dorfes befand sich ein Bauernhof, und ich dachte mir, wenn wir dort nicht bleiben können, lasse ich die Pferde im dahinterliegenden Wald frei und übernachte irgendwo unter den Bäumen…

Bei der Einfahrt des Hofes bewegte sich ein Tuch, und mein grosser "Spinner" rastete nochmals aus. Diesmal hat er mir wirklich weh getan, zudem war meine Brille wieder zerbrochen.

Es war zu viel für mich. Wäre jemand gerade in diesem Moment da gewesen um ihn mitzunehmen, ich hätte nicht gezögert, so gerne ich mein Pferd auch habe.

Ein kräftiger, lächelnder Mann kam zur Tür heraus, hat mir ohne Wort Joy abgenommen, mir auf die Beine geholfen und gesagt: "So, jetzt lassen wir sie zuerst mal auf die Weide und gehen einen Kaffee trinken." Der rettende Engel!

Und so blieb ich drei Tage an diesem traumhaft schönen Ort bei Reinhard und Irmtraud Hörfarter in Wolfurt. Drei Tage, um mich zu erholen und den Pferden Gelegenheit zu geben, ruhig zu werden. Zudem konnte die Brille repariert werden. Ich lernte viel über Ziegen und deren Haltung, und mit Irmtraud hatte ich stundenlange interessante Gespräche. Es war schön.

So zogen wir dann am Mittwoch weiter. Irmtraud begleitete uns ein kleines Wegstück. Durch einen Waldweg mit Sumpf und Schlamm, aber sonst sehr schön, kamen wir nach Oberbildstein. Jessy war müde und hatte Mühe, vorwärts zu kommen. So entschloss ich mich schon nach kurzer Zeit, eine Übernachtungsmöglichkeit zu suchen.

Wieder wurden wir von einer Bauernfamilie in deren Weide und Heuschober freundlich aufgenommen. Unter strömenden Regen kam der Vater nochmals zurück, um mir eine Flasche Eistee und frisches Wasser zu bringen. Kleine Begebenheiten des Lebens, die ich sicher nie vergessen werde.

In der Nacht erlebte ich ein heftiges Gewitter, und dass die Pferde draussen waren, beunruhigte mich ziemlich. Joy versuchte im Heustall Unterschlupf zu finden, aber das Heu war frisch geerntet und nicht sehr bekömmlich für die Gesundheit der Pferde.

Am Morgen sind wir frühzeitig aufgebrochen, ich wollte über die deutsche Grenze nach Bayern. Dort gibt es ein ganzes Netz von Reitwegen und Reiterstationen, also weniger Sorgen fürs Übernachten und das Unterbringen meiner Vierbeiner, obwohl ja alles gut gegangen war bis dahin.

Nur eben, der Bregenzer Wald ist für Pferde höchst ungeeignet. Auf den Wanderwegen begegneten wir immer wieder unüberwindbaren oder sehr risikoreichen Hindernissen, und sonst waren es Autostrassen. So sind wir am Donnerstag einfach jeden Weg, den wir einschlugen, wieder zurückgegangen. Nur ein kleines Beispiel: Einige Einwohner haben mir eine sehr schöne Route durch den Wald über die Bregenzer Aach nach Deutschland vorgeschlagen, aber als ich nach einer steilen Wanderung am Fluss stand , war da nur eine ca. 1,5 m breite, ca. hundert Meter lange Hängebrücke aus Holz, die etwa in 10 m Höhe über dem Fluss führte. Bei jedem Schritt bewegte sie sich im Takt. Zudem waren die Holzplanken durch den Regen eisglatt!!! Und da dachten die Berater, ich sollte mit Pferd, Pony und Hund darüber. Das hätte weder die Brücke noch einer von uns überlebt!

Also sind wir umgekehrt, wieder die ganze Strecke hochgekrabbelt. Jessy war müde, irgend etwas stimmte nicht, und so fand ich Evi, die mich in ihrer ganzen Grossherzigkeit aufnahm. Sie hat selber Pferde, ist alleinerziehende Mutter von vier Kindern und hat uns allen Unterkunft angeboten.

Am Abend ging es Jessy schlecht. Weisser Schaum rann ihr aus Mund und Nase, sie röchelte und hatte Atemschwierigkeiten. Der Tierarzt stellte ein Lungenödem fest. Nachdem sie von ihm behandelt wurde, erholte sie sich ein bisschen. Mir war schnell klar, dass mein so lang ersehntes Abenteuer hier ein Ende finden würde, doch die Gesundheit meiner Tiere hat Vorrang.

Die Ambulanz des Grosstier-Rettungsdienstes kam nach Alberschwende, um uns abzuholen. Jessy schien es besser zu gehen, aber auf dem Weg nach Hause wurde ihr Zustand plötzlich kritisch, sie kam in den zweiten Rettungswagen und wurde auf schnellstem Weg ins Tierspital Zürich transportiert. Ich weiss, dass sie mutig ist und um ihr Leben kämpfen wird. Ein kleiner Gedanke von Euch allen, um sie zu begleiten, wird ihr die Kraft geben, zu uns zurück zu kommen.

Joy wollte seine kleine Kameradin nicht alleine lassen und hat sich wieder mit aller Kraft zur Wehr gesetzt. Jetzt ist er bei seiner Quarter-Horse Freundin Missy und einigermassen ruhig.

Meine Grenzen zu erfahren und zu testen war unter anderem auch ein Grund meiner Reise. Allerdings, etwas zu wünschen und dies wirklich zu erleben sind zwei verschiedene Dinge. Ich werde mit Joy hart arbeiten müssen, um ihn weiterhin - auch in ausserordentlichen Situationen - als mein Pferd mitnehmen zu können.

Die vielen schönen Stunden in diesen drei Wochen werden unvergesslich bleiben, die menschlichen und wertvollen Begegnungen dieser Reise werde ich immer als grosse Bereicherung empfinden.

Mein Wunsch ist derzeit nur, dass mein Pony nicht den Preis dafür bezahlen muss.

Samstag, 22. Mai 2010

Menschen


Ich komme aus dem Staunen nicht heraus. Vom ersten Tag an begegne ich Menschen, die mich so selbstverständlich, grosszügig und herzlich aufnehmen und beherbergen. Für meine Tiere und mich ist immer gesorgt. Eine Erfahrung, die mich einerseits glücklich macht, andererseits aber auch nachdenklich werden lässt. Geben und Nehmen kann so unglaublich viel bewirken.



Bei Liesi und Jan Bei Bea der "Rössliwirtin" in Versam

Die erste Nacht verbrachten wir bei Liesi und Jan. Dann wurden wir von Ruedi Bühler und seiner Familie beherbert, und die folgende Nacht von der Familie Dora. Jedesmal wunderbare, interessante und herzliche Begegnungen. Am vierten Tag ritten wir weiter, ja, dank der Hilfe von meinem genialen Sattler, Herrn Good, konnte ich ab jetzt reiten, und fanden eine Unterkunft in Felsberg. Am nächsten Tag erreichten wir den Stall von Walter Bregenzer in Zizers. Die Pferde bekamen jedes eine wunderbare Box, Joy war aufgeregt, die Stute in der Boxe neben Jessica hatte es ihm angetan.

Joy fühlt irgendwie den zweiten Frühling… Zwanzig Minuten blieb er allein, d.h. ohne mein Dabeisein im Stall, und als ich zurückkam, kein Pferd mehr in der Box. Die Tür war geschlossen, und mein Joy, zwei Boxen weiter, bei der Stute! Sie schien seine Gesellschaft zu geniessen, nachdem er über zwei Boxwände zu ihr gekletter war. Unnötig zu sagen, dass die Pferde darnach draussen in einem Padock übernachteten.

Ich fand liebevolle Unterkunft bei Elisabeth und Hans. Nach zwei Tagen Ruhepause ging die Reise weiter nach Maienfeld. Dort war Monika mein Schutzengel. Sie führte mich einfach so zwei Stunden von einem Stall zum anderen, bis wir für Joy und für Jessica eine Weide bei Herrn Zindel fanden, ein bisschen oberhalb des Dorfes, und ich eine Schlafstätte im Stroh. Am nächsten Tag ging es weiter nach Azmoos, über den Luziensteig und durch die Reben der Bündner Herrschaft.



Leonhard und Christian


Bei Leonhard und Christian Gabathuler und deren polnischen Praktikantin fanden wir spontane und überaus herzliche Aufnahme. Ja, und dann kamen wir nach Sax zu Werner Hanselmann und Pascale.




Bei Werner und Pascale






Wieder diese spontane Herzlichkeit und eine feudale Unterkunft für meine Vierbeiner und mich. Zwei Tage und drei Nächte durften wir ihre Gastfreundschaft in Anspruch nehmen.

Alex, Marion mit Mia und Miranda



So viel über Begegnungen mit Menschen kann ich erzählen. Geschichten von Gastfreundschaft, wirklichem Interesse am anderen, Herzlichkeit...Da sind noch Marion und Alex Broger aus Koblach und dann Mandy und Charly aus Lustenau. So wie ich von ihnen aufgenommen und ihren Freunden vorgestellt wurde, brauche ich mir für den Rest meiner Reise keine Sorgen mehr zu machen. Mandy hat Heinz und seine Familie angerufen, um sie mir vorzustellen. Nun darf ich bei ihnen meinen Reisebericht schreiben, mit Hilfe der ganzen Familie, und zudem hat er mir Wanderkarten für die Fortsetzung meiner Wanderung besorgt. Dank der Hilfe von Hannes, dem Sohn, kann ich diesen Blog mit einer feinen Gestaltung, veröffentlichen. Tausend Dank allen, die mir begegnet sind…


Carmen, Rosi, Mandi, Heinz

Donnerstag, 13. Mai 2010

Der erste Tag


Diesen ersten Tag werde ich nie vergessen. Wie stolz und voller Vorfreude bin ich losgezogen! Und wieder waren so viele Freunde da, um mich ein letztes kleines Wegstück bis außerhalb des Dorfes zu begleiten, und um mir Glück zu wünschen. Das große Abendteuer beginnt, und dies lässt mich das leise Ziehen, Schlans und alles was damit verbunden ist zu verlassen, vergessen.

Nun ja, ganz so glatt verlief dieser erste Tag allerdings nicht.
Jessy's Satteldecke, beladen mit Gepäck, rutscht dem Pony alle paar hundert Meter unter den Bauch. Unsere Geduld wird auf eine harte Probe gestellt, die Pferde werden durch die andauernden Unterbrüche nervös, und ich auch! Im Flachen, auf dem Polenweg, kommen wir endlich gut vorwärts, allerdings von Reiten kann keine Rede sein, da ich das Gepäck halten und immer wieder zurechtrücken muss. Nach ca 8 km kommt ein ideal gelegenes Plätzchen für eine Pause, scheint mir. Ich lasse das Pony frei grasen und freue mich, einige gelungene Fotos machen zu können. Dabei übersehe ich, dass die Satteldecke wieder schief hängt. Im nächsten Moment baumeln die Taschen unter Jessy's Bauch, und das Unheil ist nicht mehr aufzuhalten. Eine Tasche wird abgerissen, als sie darauf steht, das Pony erschrickt und galoppiert mit dem ganzen Gepäck wild davon. Und auch Joy ist nicht mehr zu halten. -----

Ein freundlicher Automobilist nimmt mich und das ganze, überall verstreute Gepäck mit, und oberhalb Danis holen wir die Ausreißer ein. Zum Glück ist nichts passiert. Kleinlaut und wütend kehre ich mit meinen Vierbeinern nach Hause zurück. Ich bin aber auch sehr dankbar für den guten Ausgang dieses bewegten Tages.

Donnerstag, 6. Mai 2010

Begegnungen




"Das schönste ist das Planen und das Vorbereiten". Frau Dora hat es mir mehrmals gesagt. Und sie hat recht. Träumen, sich die kommenden Wochen und Monate ausmalen, auf Karten die Wege bestimmen und viel austauschen. Aber, ich muss es gestehen, auch Herzklopfen und einmal, aber nur einmal, die Frage: "Warum nehme ich dies auf mich?"

Diese Reise schenkt mir etwas ganz Einmaliges. Begegnungen mit vielen Menschen, wahre Begegnungen, Begeisterung und echte Anteilnahme. Vor einer Woche sind Carla, Hossein und ich von Ilanz durch die Ruaun Alta nach Versam

gewandert, um die Strecke zu erkunden. Vor der Schönheit dieser Schlucht kann ich einfach nichts mehr sagen. Jedes Mal, ob ich sie mit dem Zug, mit dem Auto von oben oder eben zu Fuss wieder entdecke, bin ich berührt von der Wildheit und doch oft auch von sanften, friedlichen Abschnitten. Wie ein anderes Zeitalter - im Rhythmus der Natur und ihrer Eigenwilligkeit.


In Valendas haben wir eine Kaffeepause gemacht. Schön, dieser alte Brunnen, er erzählt uns Geschichten, wie die Dorffrauen zusammen ihre Wäsche gewaschen und Neuigkeiten ausgetauscht haben.

Carla hat mir anerboten, diese Strecke mit mir und den Pferden zu machen. Der Weg enthält einige heikle Stellen, es ist schön, eine Freundin zur Seite zu haben.

Einen Tag später habe ich Herrn und Frau Dora getroffen. Ich wurde mit grosser Herzlichkeit empfangen. Nach meiner Bitte, die Pferde für eine Nacht bei ihnen einzustellen, haben sie mir mit so grosser Begeisterung von ihren Reisen mit dem Velo und auch zu Pferd erzählt, dass ich noch lange hätte zuhören mögen. Ja, Frau Dora hat recht, die Vorbereitungen sind schön.

Und am Samstag Abend haben mir meine Freunde aus Schlans eine wunderbare Überraschung bereitet. Plötzlich standen sie vor der Tür mit Leckereien, Getränken, kleinen Glücksbringern, lieben Briefen - einfach mit so viel Wärme und Freundschaft, dass ich keine Worte mehr fand. In Schlans habe ich eine Wurzel gefunden, die sich in wenigen Jahren tief und fest verankert hat. Und doch werde ich morgen aufbrechen, um erst nach einigen Monaten wieder zu kommen.

Freitag, 16. April 2010

Vorbereitungen








Bald ist es soweit...



Der Schnee ist geschmolzen, die Natur beginnt zu erwachen. Meine vierbeinigen Freunde und ich treffen unsere letzten Vorbereitungen zum Aufbruch.

Gerne stelle ich uns vor. Joy, mein CH-Warmblut Wallach. Ein brauner kräftiger Riese mit einem zärtlichen, sensiblen Gemüt, Jessica, mein Shety-Welsh Pony, klein aber mit einem fröhlichen Temperament und Lobo, mein 4-jähriger Border-Collie, der voller Lebensfreude und Unternehmungslust überschwellt. Und dann ich, vor kurzem pensioniert, mit einer grossen Neugierde, das Land...


meines Vaters zu besuchen und zu entdecken. Polen.
Vier Freunde auf Wanderschaft. Ein Abendteuer, ein bisschen wie im 19. Jahrhundert.

Dienstag, 6. April 2010

bald werden wir losreiten


Die vorbereitungen dauern seit einigen jahren, lange waren es träume, träume von freiheit, einem leben mit meinem pferd, einer reise ins ungewisse, aber mit einem fernen ziel. Die geschichte einer tiefen freundschaft zwischen mir und meinen tieren. In einigen tagen wird unser gemeinsames abendteuer beginnen.